Was wäre ein Orchester ohne einen Dirigenten?

Der Dirigent

Laut Duden ist ein Dirigent „jemand, der ein Orchester dirigiert, ein musikalisches Werk zur Aufführung bringt, interpretiert“. Dahinter stecken vielfältige Aufgaben, angefangen von der Wahl der Musikstücke, der Durchführung von Proben bis hin zur Weiterbildung der Orchestermitglieder.

In seiner Tätigkeit muss er erkennen, ob selbst bei einer völlig exakten Wiedergabe alle vom Komponisten überlieferten Anweisungen und Ideen beachtet werden. Aber ein musikalisches Werk entsteht erst dann, wenn der Dirigent dieses Werk nach seinen Kenntnissen und Vorstellungen musizieren lässt.

Mit dem Musizieren wird nicht nur musikalisches Können geschult, sondern auch gleichzeitig eine wesentliche Grundlage der Persönlichkeitsgestaltung geschaffen und gefördert; denn die Beherrschung eines Instrumentes setzt auch Ausdauer und Willenskraft voraus.

Die Aufgabe für einen Dirigenten bei einer Kapelle wie dem Blasorchester Büttelborn ist umso schwieriger, weil er es mit Freizeit- und Hobbymusikern in einem Alter zwischen 16 und 68 Jahren zu tun hat.

Die folgenden vier Personen haben in den letzten 55 Jahren im Blasorchester Büttelborn den Taktstock geschwungen:

Heinrich Klinger (1964 - 1970)

Heinrich Klinger (Foto: Archiv)

Von der Gründung bis zum August 1970 wurde das Orchester von Heinrich Klinger geleitet. Ihm oblag es in der für die Entwicklung der Kapelle so bedeutsamen Anfangszeit vornehmlich, Musikkollegen anzulernen und weiterzubilden, um sie später in den Klangkörper einzureihen.

In mühevoller Kleinarbeit bildete er aus den mit unterschiedlichen Voraussetzungen ausgestatteten Kapellenmitgliedern eine spielfähige Einheit. Aber auch außerhalb der Tätigkeit als musikalischer Leiter übernahm Heinrich Klinger Verantwortung: Als Stellvertretender Vorsitzender (1964 – 1967) und als Zeugwart (1966 – 1967) stellte er sich in den Dienst der Kapelle.

Heinrich Klinger hat mit seinem uneigennützigen Wirken viel für den Aufbau des Orchesters getan. Er verstarb im Dezember 1985.

 

 

 

Walter Bergner (1970 - 1989)

Walter Bergner (Foto: Archiv)

Im September 1970 übernahm Walter Bergner aus Dornheim das Amt des Kapellenleiters. Von Anfang an löste er diese für einen jungen Mann nicht einfache Aufgabe mit viel Umsicht, Tatkraft und persönlichem Engagement. Er formte das Orchester in der Folgezeit zu einem Klangkörper, dessen Musik weithin anerkannt und sehr gefragt war.

Nach den Jahren des Zusammenfindens gelang dem Blasorchester Büttelborn unter dem Dirigenten Walter Bergner der eigentliche Durchbruch. Ohne von den Grundsätzen abzuweichen – volkstümliche Unterhaltungsmusik zu bieten – wurden neue Programme entwickelt, die diesem Trend entsprachen und bei der Bevölkerung gut ankamen. Dies ist als großer Verdienst von Walter Bergner anzusehen.

Schon bald nach seinem Dienstantritt gelang es Walter Bergner darüber hinaus, junge Nachwuchsmusiker in das Ensemble zu integrieren, so dass schon bald die Anzahl der Aktiven auf nahezu 40 anwuchs.

Unter ihm wurde das Blasorchester Büttelborn auch immer wieder für Konzertauftritte außerhalb Büttelborns engagiert. Kontakte zu befreundeten Musik- oder Gesangvereinen ergaben Möglichkeiten für gemeinsame Konzerte. In diese Zeit fielen auch die ersten Promenadenkonzerte in Darmstadt.

Besonders engagierte sich Walter Bergner mit vielen Arbeitsstunden auch beim Aufbau des Vereinsheims, dem heutigen Heinz-Weyer-Musikpavillon.

Walter Bergner beendete seine Tätigkeit auf eigenen Wunsch mit Ablauf des Jubiläumsjahres 1989 nach fast 20jähriger Zusammenarbeit.

Dr. Martin Reitz (1990 - 1994)

Zum 1. Januar 1990 übernahm der dritte Dirigent in der Geschichte des Blasorchesters Büttelborn den Dirigentenstab.

Es war der 23 Jahre alte Martin Reitz aus Darmstadt. Gebürtig in Kassel studierte Martin Reitz in Darmstadt Wirtschaftswissenschaften und nahm dort nebenbei Posaunenunterricht bei Ulrich Conzen.

Durch seine Persönlichkeit und seinen musikalischen Sachverstand gelang es Martin Reitz trotz seiner Jugend innerhalb kurzer Zeit, dem Blasorchester Büttelborn ganz neue Bereiche der Blasmusik-Literatur zu eröffnen.

Ohne das bekannte Repertoire zu vernachlässigen, entwickelte Reitz für das Orchester einen ganz neuen Sound, der schon bald das Büttelborner Publikum und viele Musikfreunde der näheren und weiteren Umgebung begeistern sollte.

Die Frühjahrskonzerte 1991 und 1993 im Büttelborner Volkshaus sowie das erste Adventskonzert in der Katholischen Kirche 1993, bei dem man sich sogar an Werke symphonischer Blasmusik heran wagte, waren Belege hierfür.

Mit den erstmals eingeführten Probewochenenden bereitete Martin Reitz sein Orchester auf Konzerte vor.

Das große Verdienst von Martin Reitz lag neben der imposanten musikalischen Weiterentwicklung des Blasorchesters vor allem in der Integration vieler Nachwuchskräfte, womit der Generationswechsel im Klangkörper als gelungen angesehen werden konnte.

Überhaupt kann gesagt werden, dass es das Jugendblasorchester ohne Martin Reitz in der heute bekannten Form wohl nicht gegeben hätte. Martin Reitz war als musikalischer Leiter nur angetreten unter der Voraussetzung, dass Jugendarbeit intensiv betrieben würde.

Als Dirigent und Ausbilder legte er den Grundstein für das heute noch gültige Konzept der musikalischen Ausbildung beim Blasorchester Büttelborn.

Beim Frühjahrskonzert 1993 übergab er zunächst den Dirigentenstab für das Jugendblasorchester an Ulrich Conzen und ein Jahr später beim Maifest 1994 den für das „Große“ Blasorchester.

Der Name des mittlerweile promovierten Wirtschaftswissenschaftlers Dr. Martin Reitz wird immer ganz eng mit der Gründung und den Anfangsjahren des Jugendblasorchesters Büttelborn sowie mit der Entwicklung eines neuen Sounds beim „Großen“ Blasorchester verbunden sein.

Ulrich Conzen (1994 - heute)

Ulrich Conzen (Foto: Archiv)

Ulrich Conzen (Jahrgang 1961), gebürtig in Köln, erlernte sein Instrument, die Posaune, von der Pike auf. Mit 9 Jahren spielte er die ersten Töne. Über das Blasorchester seiner Heimatgemeinde Hürth, seinem Wehrdienst beim Heeresmusik-Korps 6 in Hamburg und seinem Studium an der Musikhochschule in Köln führte ihn sein Weg schließlich zum Staatstheater Darmstadt. Dort ist Ulrich Conzen seit 1984 stellvertretender Soloposaunist und mittlerweile auch staatlich anerkannter Instrumentallehrer.

Beim Blasorchester Büttelborn war er schon lange vor der Übernahme des Dirigentenamtes kein Unbekannter mehr. War er doch von Anfang an Ausbilder beim Jugendblasorchester für Posaune und Tenorhorn gewesen. Außerdem hatte er sich dem Büttelborner Publikum auch schon als Posaunensolist bei einem Frühjahrskonzert präsentiert.

Den von Martin Reitz eingeschlagenen Weg hin zu einer möglichst breiten Palette aus allen Sparten der Blasmusik-Literatur führte Ulrich Conzen konsequent fort. Mehr noch – er eröffnete den Musikerinnen und Musikern des Blasorchesters Büttelborn vollkommen neue Wege bei der Einstudierung von Musikstücken. Symphonische Blasmusik ist heute für die Orchestermitglieder kein Fremdwort mehr. Man lernte auf einmal, dass alles spielbar ist. Vor allem aber erkannte man durch ihn, dass auch vermeintlich leichte Musikstücke aus dem Bereich der volkstümlichen Blasmusik viel besser klingen, wenn sie präzise gespielt werden.

Unter Ulrich Conzen wurde das Blasorchester Büttelborn weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannt für seine „etwas andere Blasmusik“. Dies zeigt sich auch an den wiederholten Einladungen zu Saal- und Kirchenkonzerten in der näheren und weiteren Umgebung. Conzen hat es dabei geschafft, dass das Orchester heute über eine mannigfaltige, präsente Literatur verfügt, mit der jederzeit anspruchsvolle, abendfüllende Konzerte möglich sind. Vor allem durch die in der „stillen Jahreszeit“ immer wieder durchgeführten Adventskonzerte, aber auch im Rahmen von Frühjahrskonzerten hat Ulrich Conzen die Orchestermitglieder an Werke von klassischen Komponisten herangeführt, wie sie nur wenige andere Blasorchester in der Umgebung bieten können. Und der Erfolg beim Publikum gibt ihm Recht.

Immer wieder wurde die Literatur durch aktuelle Hits ergänzt, bei denen Conzen auch sehr gerne auf die Wünsche der Orchestermitglieder einging. Seine absolute musikalische Autorität erleichterte es ihm, die Schwierigkeiten dieser Musikstücke abschätzen zu können und diese so auf die Belange des Blasorchesters zuzuschneiden. So gehören Potpourris von Pop- und Rocklegenden heute ebenso zum präsenten Repertoire wie Melodienfolgen von aktuellen und traditionellen Musicals.

Als echter „Kölscher Jeck“ hat Ulrich Conzen natürlich ein besonderes Faible für närrische Aktivitäten, in die das Blasorchester Büttelborn bei der Saalfastnacht der BCA und beim Rosensonntagsumzug eingebunden ist. Auch hier hat er immer wieder entsprechende Literatur für das Orchester aufbereitet.

Ein ganz spezielles Merkmal von Ulrich Conzen ist die Moderation bei Konzerten. Mit viel Sachverstand versteht er es, das Publikum mit den Besonderheiten der einzelnen Stücke vertraut zu machen.

Durch die Kontakte von Ulrich Conzen lernte das Blasorchester Büttelborn auch die Atmosphäre auf und hinter den Bühnen des Staatstheaters Darmstadt kennen. In nahezu 20 Aufführungen des Schauspiels „Egmont“, sowie neunmal bei der Oper „Norma“ und vor allem bei zwei Familienkonzerten gemeinsam mit dem Symphonischen Orchester des Staatstheaters präsentierte sich das Orchester dem Darmstädter Publikum.

Ungeheuer wertvolle Arbeit leistete Ulrich Conzen bisher in der Erarbeitung von langfristigen Strategien für die Weiterentwicklung der Jugendarbeit. Ein ganz besonderer Erfolg war in diesem Zusammenhang die Gründung eines Mini-Orchesters als Unterbau für das Jugendblasorchester sowie die Einrichtung von Blockflötenkursen als Anfängerunterricht. Darüber hinaus kümmert er sich äußerst engagiert um die Rekrutierung der Ausbilder für den Einzelunterricht und koordiniert auch die Zuteilung der neuen Instrumental-Anfänger.

Das Blasorchester Büttelborn ist unter Ulrich Conzen zu einem gefragten Laienorchester mit einer vielfältigen Musikliteratur geworden, das vor allem auch im Bereich der Ausbildung jugendlicher Musikerinnen und Musiker Zeichen gesetzt hat.

Ulrich Conzen, der „Kölsche Jeck“: Als Rattenfänger beim Rosensonntagsumzug 2000 und als Schneewittchen im Jahr 2010. (Fotos: Archiv)